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Baukultur in Freilassing

Laufener Straße

In einer frühen Vergangenheit, die aber noch keine 100 Jahre entfernt ist, wurde Salzburghofen und speziell auch die Laufener Straße und besonders der Bereich von der Abzweigung des Petersweg bis hin zum Friedhof immer wieder gerne als Motiv für die Historie der Stadt, für das geschichtsbewusste Leben und für Heimat als Motiv für Ansichtskarten benutzt. Schliesslich war der Ortsteil noch zum großen Teil landwirtschaftlich geprägt und verfügte über eine Reihe historischer Bauten.

Neue Toskana Häuser in der zweiten Reihe
aber auch das ist noch in der zweiten Reihe

Über die Jahrzehnte wurden mehr und mehr dieser Elemente und Aspekte, auch unter dem Verständnis „Freilassing muss urbaner“ werden, entfernt und verunstaltet. Einer der Gründe liegt wohl auch darin, dass die Laufener Straße trotz Umgehungsstraße immer noch als Hauptverkehrsader gepflegt wird. Daher an dieser Stelle eine kleine Übersicht des Status Quo (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit).

Weil ja früher die Laufener Straße nicht als Hauptstraße angedacht war, wurden ein Teil der alten Gebäude nach Osten zur Hangkante ausgerichtet. Wie man aber auf den alten Abbildungen zu erkennen kann, wurden die damaligen Häuser oft mit einem gewissen Respektabstand zur Straße gebaut. Wer es sich leisten konnte hatte einen kleinen Garten, eine Wiese mit einem einfachen Zaun.

Gehen wir einmal die Laufener Straße von Nord nach Süd ab. Vom Friedhof bis zum Mirtei. Anscheinend konnte hier jeder Bauherr sich ausleben wie er wollte, egal in welchem Jahrzehnt.

Direkt gegenüber von Kirche und Friedhof steht ein relativ neuer Bau aus den 80er Jahren. Obwohl es ein Wohnhaus für mehrere Parteien ist, wirkt er durch die Untergliederung und historisierten Elementen angenehm passend. Das Gebäude hält ein paar Meter mit offener Wiese Abstand zu Straße und Gehweg. Auch wenn es hier bis zu 4 Stockwerke sind, empfindet man das Gebäude nicht als aufdringlich oder massiv. Es ist eines der besseren Beispiele.

Direkt daneben steht aus der selben Zeit ein weiterer Wohnkomplex, der jedoch durch die fast durchgehende Hausfront wesentlich massiver wirkt, aber immer noch einen Höflichkeitsabstand zur Straße mit offenem Grün pflegt. Mit der Realschule gegenüber kann man das schon fast ausgeglichen nennen.

Frühere Grundschule – jetzt Kindergarten

Gegenüber der beiden Neubauten steht eines der ältesten Häuser der Straße. Als Schule und öffentliches Gebäude steht es mit den großen Fenstern nahezu „freundlich“ an der Straße und fügt sich auch aufgrund der angemessenen Bauhöhe und dem Grünstreifen noch gut in die Umgebung. Dazu gehört auch noch der Eingangsbereich, der das Gebäude zum öffentlichen Raum einfügt.

Franz von Assisi Realschule

Leider wurde neben der Grundschule die alte Klosterschule umfangreich modernisiert. Es gibt jetzt nur noch einen kleinen Abstand zur Straße, das Dach ist der Vorbote für die Toskana Häuser in der Nähe. Balkone, die offenbar nicht wirklich als Balkone benutzt werden sollen geben dem sonst belanglosen Bau ein wenig Struktur. Doch im Vergleich mit der Grundschule wird das Aufgeben einer ästhetisch gestalteten Fassade genauso deutlich wie der generelle Eindruck eines Fremdkörpers in der Umgebung.

Auf der anderen Seite wird die Bebauung durch einen älteren Wohnblock weitergeführt. Auch wenn der Block der damaligen Zeit entsprechend eher langweilig gestaltet ist, hält auch er noch Abstand und öffnet über die Eingänge und den Parkplatz ein wenig mehr Raum. Die massive Straßenseite wirkt gerade noch erträglich, da man sich entschieden hat, die schmale Seite zur Straße hin zu bauen.

Noch nicht fertig

Daneben entstehen an Stelle der früheren Caritas Station, die noch einen Garten und einen schönen Nussbaum hatte zwei neue Gebäude, die so ziemlich alles vermissen lassen, was man hätte richtig machen können. Sie stehen direkt an der Straße und am Gehweg und wirken wie ein Klotz in der Umgebung. Die Gestaltung wirkt unruhig und will sich nichts und niemandem anpassen. Es wird gleich klar, dass es hier nicht um Miteinander sondern um Individualismus geht. Individualismus gekonnt umgesetzt und mit guter Architektur kann tatsächlich einen Straßenzug beleben. Leider ist dies hier nicht der Fall. Man könnte ja noch auf Bäume hoffen, die helfen, den Neubau zu kaschieren doch dafür ist kein Platz. Es ist ein gutes Beispiel, wenn die Massgabe nicht Gestaltung in der Umgebung ist sonder die Ausnutzung des Baugrundes mit möglichst hohen Renditen.

Sozusagen als Vorreiter steht daneben ein älteres Gebäude vermutlich aus den 60ern. Obwohl dieses Haus als Mehrparteienhaus noch ein Gesicht hat, wird der Bereich zur Straße gepflastert mit eine Stahlzaun. Hier könnte man auch eine Justizanstalt unterbringen.

Auch wenn die gesamte Front zu sagen scheint: „Lasst mich in Ruhe“ und man auch freundlicherweise zwischen dem öffentlichen Raum und dem Haus noch die Mülltonnen stellt, hat man damals noch versucht über einfache Verzierungen, das etwas erträglicher zu machen.

Daneben steht aus der jüngsten Vergangenheit die Weiterführung der Investment basierten Bauten. Man hat hier zwar noch etwas Abstand zum Gehweg aber benutzt diesen nur um darauf auch besser Parken zu können. Obwohl sich der Gestalter Mühe gegeben hat, das Gebäude etwas aufzulockern, bleibt jedoch die massive geschlossene Frontpartie mit der Tiefgarageneinfahrt als offenes Maul zur Straße hin. Die kleinen Gärten, die noch vorhanden sind werden durch überhohe blickdichte Zäune befestigt. Mit dem Flachdach und der starren Front, dem absichtlichen Verzichten jedweder Elemente, die die Umgebung bestimmen oder sich mit der Nachbarschaft auseinandersetzen, zeigt diese Anmassung deutlich was sie von dem Ortsteil hält.

Dabei ist nicht alles, was alt ist, auch schön. Gegenüber vom „Freiraum“ steht ein Gebäude, das die besten Zeiten hinter sich hat. Man kann sich noch daran erinnern, als damals die Eternitverblendung der letzte Schrei waren. Es könnte ein schönes Haus sein, mit einem hübschen Garten und einer passenden Fassade. Das Potential wäre da, aber die Umsetzung fehlt.

Neben dem „Freiraum“ Haus steht der alte Schauppner Bau. Zum Glück hat man hier nicht allzuviel modernisiert. Im Vergleich zu den anderen Investitionsbauten wirkt dieser alte Bau mit seinen Bögen, dem offenen Raum under gekonnten Dachgestaltung tatsächlich wie eine Brise frischer Luft. Es ist kein Wohnbau, sondern eine Arbeitsstätte, eine Werkstatt.

So sieht man zurück und stellt fest, dass es nur noch ein paar Neubauten benötigt und die Straße wird sich so entwickeln wie auch die Münchner Straße. Urbaner Raum ohne öffentlichen Raum. Investment Bauten ohne Stadtentwicklung. Hier wurde so viel historischer Kredit verspielt

Rieschen und Mirtlwirt zeugen noch ein wenig von der Geschichte und vom Miteinander, von Stammtischen und Biergärten. Die Straße dominiert und die Neubauten werden sich auch hier durchdrängen. Es is a Schand!

Und das alles nur, weil sich niemand die Mühe gemacht hat, hier zu planen oder Stadtplanung zu betreiben. Dabei waren immer die Investoren und der autogerechte Ausbau das Wichtigste und wenn sich daran nichts ändert wird das noch viel schlimmer werden.

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