Matulusgarten

Baukultur in Freilassing

Monokulturen

Gleich vorab: Heute wird’s schon wieder etwas länger. Das liegt ja nicht an mir, sondern an der Menge der Themen, die ich normalerweise schön sauber und Stück für Stück abfrühstücken würde, nur ist das gerade halt nicht möglich. Deshalb empfehle ich den IG Lesern gleich auf www.matulusgarten.com zu schauen.

Mittlerweile gehört es ja zum Allgemeinwissen, daß Monokulturen nicht mehr der Weisheit letzter Schluss sind. Die Idee, aus vorwiegend wirtschaftlichen Interessen geboren, war ja gut. Der eine Baum wächst schneller als andere, weshalb man sich entschied nur noch diesen einen Baum zu pflanzen. Und was beim Baum funktioniert kann man ja auch auf andere Situationen anwenden. 

Letztendlich hat man nach einigen Jahrzehnten festgestellt, daß es immer mehr Nachteile von solchen Monokulturen gab, von Schädlings- und Krankheitseffekten, von Bodenzerstörung und vielen anderen mehr. Darüber hinaus hat der Markt festgestellt, dass immer nur Kiefer auch nicht so toll ist. Bestimmt kennt jeder die ein oder andere lehrreiche Geschichte über Katastrophen durch Monokulturen. 

Heute wissen wir – und das wurde auch wissenschaftlich festgestellt – dass eine gute Durchmischung oder Diversität im Gesamten betrachtet immer besser ist als die Monokultur. Und weil das nicht nur für Bäume und Pflanzungen so ist, wären wir auch schon fast beim Thema. Denn das Gleiche gilt, wenig überraschend, auch für Stadtplanungen. 

Da Freilassing selbst nur wenig organisches Wachstum nachweisen kann muss man also auf die alten Ortsteile schauen, wie hier in Salzburghofen. Historisch gewachsen aus ein paar Höfen, Kirchen und Wirtshäusern ist es noch gar nicht so lange her, dass man hier funktionierende Strukturen hatte. Da waren auf wenigen Minuten, Bäcker, Metzger mit eigener Schlachtung, Gaststätten, Schuster, Schule, Schreiner, Schlosser, Steinmetz, und weitere Geschäfte vorhanden. Das funktionierte selbst als mehr Wohnhäuser dazukamen. Immer noch divers, gut durchmischt und auch deswegen für viele eine Heimat.

So wird auch jetzt mit dem neuen Beschluss, die alte Werkstatt für die Grabsteine vom Miedaner in ein vielversprechendes Wohnprojekt umgewandelt werden soll. Andere Betriebe haben schon vorher weichen müssen, weswegen aus dem Mischgebiet schliesslich ein reines Wohngebiet wird. Schliesslich kann man ja auch den Neu-Freilassingern nicht den Lärm und die Belästigung durch Betriebe zumuten. Dazu hat man ja extra auf der grünen Wiese vor der Stadt störende Bäume entfernt, tonnenweise Asphalt ausgebracht und bei Eham ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen. Fein getrennt. So wird die Stadt Freilassing zu einer Monokultur oder zu einem Haufen von solchen. Hat man nicht schon beim Sägewerk gedacht, dass eine Monokultur von Geschäften eine gute Idee wäre? Das Ergebnis ist ein Misserfolg für die neuen Läden und für die Innenstadt. So etwas sehen wir ja auch in Salzburg mit dem Designer Outlet.

Wenn der Stadtverwaltung eine sinnvolle Entwicklung der Stadt vorschwebt, dann muss sie den Pawlow’schen Reflex des Wohnungsbaus abschwören und wirklich gemischte Entwicklungen anstossen, sonst wird es uns wie allen Monokulturen gehen. Nämlich Bergab.

So ist es auch nicht verwunderlich, daß wir in der Lokalpolitik immer mehr auf eine Monokultur zusteuern. Zumindest wäre das der Wunsch der alten Platzhirsche, mit dem Selbstverständnis der Seeligmachung. Klar, das war schon immer so – zumindest früher. 

Deshalb gibt es am Dienstag gleich eine doppelte Wahlveranstaltung der CSU. Auf Anforderung der Stadtratsfraktion wird der scheidende Landrat seine Pläne für die Entwicklung in Freilassing vorstellen dürfen. Und zwar erst mal das Gesundheitszentrum und noch etwas mehr. Man konnte schon lesen “CSU erzwingt Sondersitzung” und ähnliche journalistische Tiefflüge. Dabei gibt es ja eine gemischte Arbeitsgruppe, die genau diese Entwicklung gemeinsam vorantreiben soll. Solch eine Art der Demokratie will man sich nicht zumuten und macht deshalb die Wahlkampfveranstaltung mit “die Bürger müssen das wissen” Alibi. Schliesslich hatten manche Bürger ja eigene Meinungen zum Thema Gesundheitscampus. Dem will man entgegenwirken. 

Zudem wird in der gleichen Veranstaltung auch noch der Wechsel vom Chef der FWG zur CSU zelebriert. Der Walter Hasenknopf hat aus guten Gründen sein Heil in der Flucht zur CSU gesucht. Was sein gutes Recht ist, wenn er meint, hier seine persönliche politische Zukunft besser ausleben zu können. Man sollte jedoch auch keine Augenwischerei betreiben, denn auch in der CSU gibt es eine Fraktionsdisziplin und ob er mit dieser langfristig klarkommt, wird die Zukunft zeigen. Denn das, was ihm seine FWG vergällt hat, gibt es bei den Christsozialen in ähnlicher Ausprägung. 

Doch kein Politiker – das gilt auch für Kommunalpolitiker – ist nur eine Person. Vielleicht am ehesten noch ein parteiloser wie der Herr Hiebl. Er ist auch Teil einer Gruppe von Gleichdenkenden (mehr oder weniger) mit ähnlichen Zielen und Plänen, also einer Partei. Und jeder wird gewählt wegen seiner Person und wegen seiner Partei. Da ist es einfach, wenn man auf einem Listenplatz liegt, der einem das Ergebnis schon fast garantiert – unabhängig von der Person. Manche wählen eher nach Personen und andere wegen der Partei oder, und das ist bei uns oft der Fall, weil er nicht in der “anderen” Partei ist. So gibt es viele, die FWG gewählt haben, weil sie eben nicht CSU oder die Grünen sind. 

Und genau hier wird es problematisch. Durch das Wechselspiel des FWG Vorsitzenden ergeben sich nun ganz andere Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat und in den Ausschüssen mit einer deutlichen Verstärkung der CSU und einer Schwächung der FWG. Also genau das Gegenteil, von dem was viele Wähler eigentlich wollten. Das ist das Ergebnis, wenn man die eigene Person höher einschätzt als den Wähler. Denn er hätte ja auch ausscheiden können, wie das andere vor ihm gemacht haben, und sich dann trotzdem von der CSU aufstellen lassen. Das wäre dem Wähler gegenüber fair gewesen. So werden wir wohl 5 Monate Schlammschlacht vor uns haben und es wird im März nur Verlierer geben. Denn auch die Wähler wissen, daß eine Monokultur keine gute Sache ist. Ganz besonders in der Politik. 

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