
Während man sich mehr oder weniger öffentlich über die Gestaltung des „Freilassinger Feldes“ unterhält, was mir so vorkommt wie damals, als man als Kind die große Legokiste (bei uns war das ein Koffer) geöffnet hat. Da war alles möglich, alles erlaubt. Es ist ja nur Lego. Da kann man der Phantasie nachgehen, so lange man Lego Steine hat.

Tatsächlich ist solch ein neuer Stadtbereich immer eine große Chance und auch ein Risiko. Wir hatten ja schon vor einiger Zeit beispielhafte Darstellungen von gelungener Quartiersentwicklung im Sinne von Städtebau. Leider ist das immer mehr in die Hand von Immobilien Entwicklern oder Politikern mit unheilbarem Größenwahn gefallen. Da wird jeder 0815-Bau gleich zum Quartier, weil man in die freien Fugen noch einen Spielbereich für die Kleinen legt (siehe Rieschen!).




Doch es geht auch andersherum, und das sieht man sehr schön an der Rückentwicklung einer gewachsenen Struktur vom funktionierenden Quartier zur Monokultur. Siehe Salzburghofen. Die gelungene Stadtteilentwicklung ist mittlerweile eine, die gut durchmischt ist, nicht nur unterschiedliche Arten von Wohnraum bietet, freien Raum und öffentlichen Raum bietet. Das ist und war in vielen Städten aufgebaut auf den Keimzellen der Siedlung so. Da waren Kirche, Höfe, Wirtschaften, Einkaufsmöglichkeiten aber auf lokales Gewerbe immer der Anfang – in Salzburghofen so wie auch in Salzburg und vielen anderen Orten.
So ist der Bereich auch heute noch im Flächennutzungsplan durch eine solche Durchmischung gedacht. Anstatt dies zu bewahren, wurde und wurde Stück für Stück seines Charakters beraubt und in Wohnraum und immer schlechtere Architektur umgewandelt. Alles, was man am Freilassinger Feld gerne hätte, das war schon da. Bis man aus Gier und Geiz alles aufgegeben hat. Als nächstes ist wohl der Schauppner dran. Die Werkstatt ist schon weg. Das Tagescafe im Rieschen für €950.000 wird wohl keinen Interessenten finden und denkt man an die Zukunft des alten Bauhofs, kann man schon mal Albträume bekommen.

Man hatte hier früher Bäcker, Metzger, Schreiner, Gaststätten, offene Gärten, Bauern, Schule(n), Schlosser, Steinmetz und noch vieles mehr. Politik und Verwaltung haben durch Emissionsgesetze, geduldete Zweckentfremdungen und dem Hang zur wirtschaftlichen Ghettobildung das alles mit-verantwortet. Zunächst sollten Geschäfte ja in der Innenstadt sein. Das wurde gefördert. Dann schob man das Gewerbe ins Industriegebiet ab, man unterstützte Großmärkte – Schließlich geht’s um Gewerbesteuer und Freilassing als Einkaufsstadt. Das ist alles kein Zufall. Genauso wenig wie die Verlagerung der Einkäufe in den Europark oder sonst wo hin. Die Gewinner von heute sind die Verlierer von morgen. Und das ist kein Zynismus.
Schulen und andere Einrichtungen müssen zentralisiert werden. Groß, besonders und wichtig-sein. So ging letztendlich auch das Krankenhaus zugrunde. Es ist politischer Wille. Mittlerweile fährt man nach Feldkirchen zum Metzger, Bäcker sind ein Trauerspiel etc. Dann versucht man die entstandenen Probleme mit „sozialer Stadt“ oder Träumereien wie dem Salzburghofener Ortsteilzentrum, die Wunden wieder zu flicken. Stadtentwicklung ist halt nicht nur teure Sachen zu bauen, sondern in besonderem Maße das Bestehende zu bewahren. Wenn also die Stadt das Freilassinger Feld neu plant, dann muss man zuerst einmal genaue Vorgaben und Pläne für das nicht-obligatorische Bewahren aufstellen. Sonst ist alles für die Tonne. Dann kann das der Aicher auch gleich selber machen – ohne die Stadt. Quartiersentwicklung ist hauptsächlich Marketing, sagen die Immobilienentwickler. Und das bezahlen wir alle mit – früher oder später. Wenn einem halt die Lego Steine ausgehen.
