So will ich mich denn zurückhalten heute. Einfach nicht so viel nachdenken sondern… hmm. Genau, was ist denn nochmal das was man tut, wenn man nicht denkt? Undenken? Nein, das gibts nicht. „Nicht-Denken“? Dann wären wir im Buddhismus. Auch nicht. Ah, jetzt hab’ ich’s: einfach tun, nicht denken. Gesagt, getan. Also gehe ich in die Stadt, weil wieder Kirchweihsonntag ist und es einfach nett ist, wenn Menschen in der Innenstadt sind und diese mit Leben und Kaufen erfüllen. Wo sind die denn sonst? Woanders? Oder beim Nichtstun? Dann müssten die ja … nein, das geht zu weit. Ich wollte ja nicht denken.

Weil ich relativ früh dran bin, komme ich dann einfach durch den Markt. Ohne Gedrängel und ohne Gequetsche, sehe die hunderten von Leggings, auf die es Freilassinger abgesehen haben, bin umgeben von Düften der gebrannten Mandeln, südländische Spezialitäten, frisch Auszogne und vieles mehr. Das Geheimmittel mit der Reinigungszeug gibt sogar gleich drei mal so geheim ist das. Schweizer Kracher gibts wohl nicht mehr. Manche Besucher haben sich sogar sonntagsmäßig herausgeputzt und diesmal spielt sogar das Wetter mit. Die Stadt lebt. Gut so.

Auf dem Weg nach Hause zur wohlverdienten Tasse Kaffee kommt dann doch wieder das Denken durch. Wieso lebt die Innenstadt und die Stadt überhaupt nur bei speziellen Aktionen wie Stadtfest, Trinkfest, Trinkfest im Winter (aka Weihnachtsmarkt) oder eben Kirchweih? Es sind wohl die Sonderangebote, wenn es Dinge gibt, die es sonst nicht gibt oder die Angst etwas zu verpassen (Engl. FOMO).

War es nicht das, was der Markus Hiebl meinte, wenn er sagte man solle nicht fragen, was die Stadt für einen tun kann, sondern was man für die Stadt tun kann? Man liest dann auch von Leuten, die sich beschweren, weil da nur ein Karussell ist und nicht mal eine Hüpfburg, dass es mit dem Parken so eine Sache ist, warum denn jetzt schon Buden aufgestellt werden – ob denn schon Adventsmarkt wäre etc. Ja, das Anspruchsdenken ist schon gewaltig. Aber dass man da jetzt gleich den John F. Kennedy rauskramen muss – ich weiss ja nicht. Denn es gibt in Freilassing schon sehr viel Engagement und auch hier gilt das Pareto-Prinzip (einfach googeln). Andererseits habe ich diese Art von Sprüchen schon dutzende Male gehört. Von Politikern, Fussballtrainern und von der Firmenleitung. Grund war ausnahmslos immer ein Mangel an Gemeinschaftssinn, eine Wahrnehmung von „denen und uns“. Und in den meisten Fällen ging es nicht gut aus.
In der Sache fragt man sich, warum es die Liste mit Bürgerbeteiligungen auf der Website nicht mehr gibt, warum große Projekte ohne Befragung der hier Lebenden durchgezogen werden und warum es die Politik denn nicht schafft, Probleme und Fragen der Leute so ernst zu nehmen, dass man etwas macht ohne dass man sich gleich als Erziehungsberechtigter versteht und den Menschen erklärt, warum sie denn so dumm sind und das alles ja ganz anders funktioniert, wenn es nachweislich gar nicht funktioniert. Da hilft kein Größenwahn von Kern oder Aicher und auch keine bezahlten Feste und auch keine Zitate, sondern einfach einmal die Leute mitnehmen und mit ihnen regieren und nicht über sie. Dann klappt’s auch mit den Nachbarn.“
