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Baukultur in Freilassing

Meine Braut ist die Gerechtigkeit

Also, wer Nick Knatterton noch kennt, der ist entweder alt oder hat Grosseltern, denen deutsche Comic-Kunst aus den 50ern am Herzen lag. Der notorisch besserwissende Detektiv aus dem, sagen wir mal freundlich südschwedischen Teil Deutschlands fand immer schuldige Schurken, die man der Gerechtigkeit zuführen musste. Daher sein Spruch „Meine Braut ist die Gerechtigkeit”. 

Damals hatte Freilassing noch weniger als 10.000 Seelen, viele Straßen nicht geteert. Eine Zeit, in der die Stadt wuchs weil es mit Zoll und Eisenbahn staatliche Stellen gab und weil Gründer in der Stadt einen starken Industriezweig begründeten. Das ging Hand in Hand mit öffentlichem Wohnbau aber auch mit Unterstützung für den Bau von Eigenheimen. Es gab Arbeit und es gab Wohnraum. (Gut dokumentiert im Wiederaufbau Atlas vom Haus der Bayerischen Geschichte auf der Freilassinger Seite oder einfach mal beim Stadtmuseum nachfragen.

Freilassing in Knatterton’s Zeiten
Cafe Rehm

Heute ist alles besser. Klar. Da gibt es doch einen Übeltäter, der sich des AirBnBs schuldig machte und nun bestraft werden soll. Doch so einfach wie bei Knattertons Zeiten ist das nicht. Für ca. 800 Tausend war ein altes Mietswohnhaus auf dem Markt. Normalerweise wird das bei uns „weggeschoben“ und dann baut der Scharl oder die DB Wohnbau fette, überteuerte ETW Klötze denn das ist deren Geschäft. Interessanterweise ist die Fläche, auf der Herr Hollmann doch Container aufstellen wollte, nur einen Steinwurf entfernt. Der Käufer aus München wollte das Objekt aber mit Kurzzeitmiete zu Geld machen. Über AirBnB kann man hier übernachten. Beschränkter Luxus aber nahe bei Salzburg und günstig. 10 Wohnungen mit durchschnittlich 8 Übernachtungen für 150 Euro. In spätestens 8-10 Jahren hätte sich das amortisiert. Das Problem ist, dass es dadurch zum Hotelbetrieb wird. Den Service scheinen die Kunden zu schätzen, denn die Bewertungen sind sehr gut.

Dabei ist diese Art der Kurzzeitmiete durchaus ein gutes Geschäftsmodell für Viele. Es macht Sinn, aus der Einliegerwohnung oder ähnlichem eine Geldquelle zu machen. Dafür ist eine Schlafstadt prädestiniert und es gibt auch nicht wenige, die nicht an den Landkreis oder an schwierige Mieter vermieten wollen. Ein paar Hundert Euro zusätzlich im Monat kann auch bei der Finanzierung der Wärmepumpe helfen.

Wenn dann jedoch im Stadtrat gejammert wird, dass wir zu wenig Wohnungen haben, dann ist das sowohl selbstverschuldet als auch richtig. Vor allem, wenn es von der Seite einer Ampelpartei kommt, die den Versprechungen für leistbaren Wohnraum meilenweit hinterher hinkt wie schon einige Vorgänger. Denn für den allgemeinen bezahlbaren Wohnraum wird nichts getan und wurde auch schon vorher unter Maggus nichts getan. Statt dessen werden Gelegenheiten mit teuren Projekten verschandelt, oder man lässt Wohnbebauung einfach verfallen oder benutzt es noch als Unterkunft für Wanderarbeiter. Genauso wie ein AirBnB Anbieter Wohnraum vom Markt nimmt, machen es auch diese gefeierten Investoren und die öffentliche Hand (siehe Personalwohnheim). Bevor man also AirBnB verteufelt, sollte man auch die anderen „Wohnraumvermeider“ zur Rede stellen und so Gerechtigkeit und Wohnraum schaffen.

Die Rückseite des ehemaligen Bayrischen Hofs in der Laufener Straße. Man wartet halt, bis wieder jemand jammert, dass der Schandfleck doch weg gehört.

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