
Es ist mal wieder soweit: die Vorweihnachtszeit klopft mit dem ersten Schnee und mit einem Christkindlmarkt und als Zugabe einem verkaufsoffenem Sonntag an unsere Türen und unsere Geldbeutel. Dazu hat man die Innenstadt weihnachtlich geschmückt. Ein Tannenbaum und ein paar depressive Leuchtkugeln wurden montiert.
Da ist es angebracht, dass vor rund zwei Wochen die Discounterkette Lidl des Herrn Schwarz eine neue Filiale angekündigt hat. Direkt hinter dem “Mäcci” anstelle der ehemaligen Möbelhalle soll ein zweistöckiges Gebäude nach dem sogenannten “Metropolkonzept” entstehen. In fünf Jahren oder später. Während ebenerdig eine Drogeriekette – warum nicht gleich ein BiPa, der Zielgruppe entsprechend? – kleine Shops einziehen ist oben halt der Lidl mit 1500 qm Verkaufsfläche. Die Stadt fühlt sich gebauchpinselt wegen “Metropol” und so. Übrigens um 300 qm kleiner als die original Version.
Es ist der logische Schritt zur Entmenschlichung des Einkaufs. Mehr Discount, mehr kaufkräftige Käufer aus der Nachbarstadt. Das scheint zu funktionieren. Gehört dem Herrn Schwarz doch auch das gegenüberliegende Kaufland. Man weiss also, was geht und was nicht. Dass ein Schwarz wieder die Geschicke in der Sägewerkstraße nach Schwarz Alpine vor knapp 100 Jahren übernimmt ist nur ein “Fun Fact”.


Das ist kein Einkaufserlebnis mehr, das ist Überlebenskampf. Ein Besuch im Kaufland ist für mich immer fast eine körperliche Qual: distopisches Lichtkonzept, der Duft nach Parkgarage (dort wo keiner parken will), zu enge Gänge, diverse Kundschaft, die jede Ampelregierung glücklich machen würde. Es ist eine Qual.
Dabei erinnere ich mich an andere Orte. Das Lebensmittel Geschäft, bei dem der Inhaber mir einen Espresso gemacht hat, während er aus dem Lager meine Sonderwünsche holt, die Metzgerei bei der ich automatisch zum Schweinern gleich Knochen und Wammerl für die Soße bekommen habe, der Asia Laden, die mir immer die frischen Koriander mit Wurzeln zurückgelegt haben. Heute muss ich mich über Industrieboden mit kränkelnder Beleuchtung quälen und hoffen, dass etwas vom Sonderangebot übrig ist, damit ich dann gefälligst selbst scanne und bezahle. Oder ich versuche auf dem Wochenmarkt dem Personal zu erklären, was ein Bouquet Garni ist.
Ein Narr, wer versucht, in Freilassing einen Herrenanzug zu kaufen. “Da miassns scho noch Soizbuag in Europark” foan”.

Warum ich nicht an die Zukunft der Fussgängerzone glaube? Die Investitionen gehen in Discounter, in Lager mit Preisschildern und nicht an den Aufbau eines Einkaufserlebnisses. Da werden auch keine Sitzgelegenheiten, Straßenpflaster oder Alibibäume helfen. Jeder weiss das. Auch die Stadt. Doch weil es Fördergelder gibt ignoriert man das Problem und ertränkt die öffentliche Aufenthaltsqualität und das Einkaufserlebnis mit Glühwein und anderem Hochprozentigem – die “staade Zeit”, die gar nicht so staad ist. Den Glühwein dazu kauft man bestimmt auch beim Discounter. Passt doch.