Matulusgarten

Baukultur in Freilassing

Freilassinger Entscheidungen, Folge 5

…und dann will’s keiner gewesen sein

Freilassing gibt sich ja gerne den Titel „Eisenbahner-Stadt“ aus historischen Gründen. Sonst bieten sich ja auch keine (vernünftigen) Alternativen an. Genau deswegen wird ja auf jeden wehrlosen Kreisverkehr auch irgendein Eisenbahnelement gestellt. Nicht die Eisenbahner selbst, die sich hier aufgearbeitet haben und das mit Gesundheit und auch manchmal mit dem Leben bezahlt haben – das wäre auch viel zu kompliziert.

Die goldenen Tage der Eisenbahn in Freilassing sind vorbei, wie man unschwer am Bahnhof erkennen kann, der immer noch als gefühlter Fremdkörper in den ambitionierten Plänen der Stadtplaner sein Dasein fristet.

Eine Reminiszenz der alten Zeit ist noch das alte Stellwerk an der Unterführung der Reichenhaller Straße. Wenn man es als Bauwerk geschafft hat, seinen Weg in die Läden der Modelleisenbahnen zu schaffen, dann könnte man meinen, dass jetzt alles gut ist. Doch nicht in Freilassing. Wie hier mit der Geschichte und dem Respekt vor historischen Werten umgegangen wird zeigt sich hier besonders gut.

Ein pittoreskes Gebäude zwischen Kastanien? Das darf man so nicht stehen lassen. Daher wurde hier im Rahmen des „Gleis 3“ ganze Arbeit geleistet. Nach dem Entfernen der lästigen Bäume hat man das Gebäude zwischen die völlig überdimensionierten und hässlichen Lärmschutzwände eingeklemmt und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen daneben gleich eine Betonfassade einer höchstens durchschnittlichen Unterführung gestellt. Man sollte sich überlegen, von Eisenbahnerstadt auf Betonstadt umzusatteln.

Währenddessen überlegt die Stadt, ob sie das Stadtbild mit neuen Bänken oder besseren Mülleimern verbessern könnte. Aber bei der Kastration des alten Stellwerks hat keiner aufgeschrien. Und so fristet es sein Dasein als Mahnmal der Stadtgestaltung.

Wenn Architekten nur Ingenieure sind und Heimatpfleger entlassen werden, braucht sich auch keiner wundern.

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Thema von Anders Norén