Die Freilassinger sind ja grundsätzlich ein soziales Völkchen. Kaum erlaubt es das Wetter oder eine Veranstaltung kommt man zusammen, feiert, unterhält sich. Natürlich ist das jetzt im Sommer viel angenehmer als in der kalten Jahreszeit. Sogar von ausserhalb kommen sie hierher um sich zu treffen. Demos an der Grenze, Söder an der Grenze – warum auch immer. Man findet schon was. Doch es geht auch alltäglich. In der Hauptstraße zumindest wenn Samstag ist.


Es geht wieder einmal um den öffentlichen Raum. Das ist der Raum, der uns allen gehört und nicht mit Häusern bebaut ist. Der ist entweder gut oder oder schlecht entwickelt. „Er stiftet Identität, ermöglicht soziale Teilhabe und schafft Zugehörigkeit.“ In den vergangenen Jahrzehnten wurde er meist ignoriert oder dem Verkehr gewidmet. Dazu gibt es unzählige Beispiele in Freilassing. Die Qualität entsteht dabei aus der Art, wie der Raum gestaltet und wie er eingefasst ist. Gibt er dem Menschen Raum oder beengt er? Respektiert er die Benutzer oder will er sie einschnüren?


Nehmen wir die Gehwege. Abweisende, glatte Fronten ohne Durchlässigkeit und daneben noch eine gut ausgebaute Straße. Die Aufenthaltsqualität dazwischen schwindet. Man fühlt sich fehl am Platz, gerade noch geduldet. Bestes Beispiel ist die Münchner Straße, von der man meinen könnte die Ignaz-Harrer Straße in Salzburg wäre das große Vorbild. Dabei gibt es doch auch in Salzburg schönere Orte. Egal, man macht mit Aicher’s Wohnblöcken und anderen Projekten fleissig weiter. Doch es geht nicht nur um Raumkanten und Betonblockhäuser. Es gibt doch gute Beispiele in der Stadt, wo die Leute gerne sind. Warum nimmt man sich das nicht als Beispiel und ermutigt die Entwicklung dahingehend? Weil es wohl keine Förderung gibt.

Auch in der Fussgängerzone. Der öffentliche Raum braucht keine Einheitsverglasung oder Normen. Er braucht Abwechslung, Übergänge zwischen Geschäft und öffentlichem Raum, Akzente, die man gerne betrachtet und Raum bietet, um sich zu treffen, sich zu unterhalten. Die unbeholfenen Versuche von Arkaden sind ein Fehltritt und eine gestalterische Bankrotterklärung. Sie sind wie ein Stehplatz im ÖPNV. Es gibt viele Beispiele dazu.


Plätze waren früher eine Repräsentation. Dessen, was uns ausmacht, was uns wichtig ist. Darum war auch ein Kriegerdenkmal am Rathausplatz. Oder ein besonderer Brunnen, mit Geschichte an anderen Orten. Etwas, das den Gemeinsinn unterstützt. Bei uns wird so etwas entfernt oder man stellt halt irgendwas auf den Kreisverkehr. Ein Mahnmal der Unfähigkeit. Man hätte dort auch übergrosse Tüten des nächsten Discounters aufstellen können. Das wäre wenigstens ehrlich gewesen. Der öffentliche Raum und die Menschen müssen zusammenpassen. Nicht so wie die Lokwelt. Eigentlich eine schöne Örtlichkeit und Lokalität. Aber halt am falschen Ort oder kaum eingebunden. Ein Beispiel für die Fehlintegration der Eisenbahn in Freilassing. Dagegen ist ja sogar der Pletschacher noch ein zentraler Ort. Man stelle sich auswärtige Besucher vor, die mit der Bahn zur Lokwelt wollen. Eine Zumutung!

Das gleiche gilt dann auch auf den anderen Gehwegen. Man geht gerne spazieren, bleibt vielleicht da oder dort stehen, um mit jemand zu ratschen oder sieht sich einfach nur die Vielfalt an. Das geht mehr und mehr verloren. Statt Gartenzaun gibt es den Sichtschutz aus Kunststoff oder gleich eine 2 Meter hohe Festungsmauer. Jeder will für sich sein – keiner darf mich sehen. Jeder darf für sich selbst vereinsamen. Dann braucht man auch keinen öffentlichen Raum. Zusammenhalt und Identifikation funktioniert nur mit Geben und Nehmen. Will jeder nur nehmen, führt das zu buchstäblich Nichts. Übrigens sind die Sichtschutzwände auch immer ein guter Indikator für fahrende Banden, die gerne mal das ein oder andere Haus fladern. Da fehlt noch die Kameraüberwachung und ein Schild mit „Warnung vor dem Bewohner!“ Schild.

Übrigens ist auch die Fläche an der Matulusstraße ein öffentlicher Raum, auch wenn dort immer noch ein Holzzaun und Schilder mit „Betreten Verboten“ prangen. Dort könnten schon seit vielen Jahren wieder Schrebergärten sein. Doch der Landrat träumt immer noch vom gehobenen Wohnbau, mit dem man schon vor Jahren die kleinteilige Bebauung beglücken wollte. Es ist der Politik wurst. Die beschwert sich aber dann, dass Bürger der Politik nicht immer freundlich gegenüberstehen. Aber wenn sich Bürger für den Erhalt von Bäumen einsetzen, wie zuletzt die Linden bei Eham, dann kommen die Granden der Politik und feiern sich als hätten sie etwas geleistet. Kulturelle Aneignung nennt man das wohl. Zum Abgewöhnen.
