Matulusgarten

Baukultur in Freilassing

Dann wird das Vertraute zum Feind

Hier nun der zweite Teil. Letztes Mal hatte ich beschrieben, wie unser Wohnen eine Darstellung unseres Lebens und unserer Geschichte ist. Sowohl in der Gestaltung der Innenräume, der Häuser und dem, was um unsere Häuser herum geschieht. Gleiches gilt für die großen Bauten von Bauträgern, Investoren, Institutionen usw.. All das ergibt ein Bilderbuch unserer Identität und unserer Geschichte. 

Wir erkennen Häuser als Gesichter

Man fragt sich, warum Häuser so wichtig sind. Das liegt wohl daran, dass wir – bewusst oder unbewusst – Häuser wie Gesichter wahrnehmen. Mit Augen, Mund, einer bestimmten Mimik, Augenbrauen, Haaransatz. Die Gründe dafür hier aufzuführen wäre wohl viel zu viel. Schliesslich ist unser Gehirn ein wahrer Experte im Erkennen von Gesichtern. Ein Mensch kann ein Gesicht aus einer Gruppe heraus noch in einer Entfernung von 100 Metern erkennen.

Gesichter, die bald verschwinden
Wenn auch verschandelt – der Ursprung ist noch erkennbar

Und wie das so ist mit den Gesichtern, finden wir manche sympathisch, manche nicht und andere eher abstoßend. Und hier kommt die aktuelle Architektur ins Spiel. Sie hat es geschafft, alle Erkennungsmerkmale zu verzerren oder ins Unkenntliche zu verdrehen. Man nehme sich einmal nur 20 Minuten Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt und achte darauf. Wir beschweren uns, wenn sich andere Kulturen hinter einem Schleier oder einer Burka verstecken, aber bei unseren Häusern lassen wir uns von Architekten im Rollkragenpullover und Hornbrille erklären, dass das der Fortschritt ist und man doch einfach zu blöd sei, um es richtig verstehen zu können. Solche Leute residieren dann oft in einer schönen Altbauvilla.

Das Gegenbeispiel von Ästhetik

Vermeintlich Modernes wird gefördert. Es fängt als Kontrapunkt zur Bebauung an, als Effekt. Doch es werden immer mehr und wenn die Ausreisser und Minderheiten schliesslich zur Normalität werden, dann wird auch das Vertraute zum Feind und damit auch wir. So sehen wir uns immer mehr „Gesichtern“ gegenüber, die abstossend, feindselig und zutiefst verstörend sind. Warum sagt man wohl dem modernen Städtebau nach, Depressionen zu fördern?

Aus der Tiroler Nachbarschaft…

Wie kommt also jemand wie der Landrat dazu, überhaupt über solche Monsterbauten nachzudenken, geschweige denn, diese Pornographie auch noch in der Öffentlichkeit zu präsentieren? Weil der Bezug zum Menschsein fehlt, weil Rendite über Gesundheit geht. 

Dass es anders gehen kann hat sich mittlerweile herumgesprochen. Vor einiger Zeit hatte ich bereits von der Bewegung „Architektur Rebellion“ berichtet. Heute will ich einen Schritt weitergehen. „The Aesthetic City“ hat sich auf die Fahnen geschrieben, nicht nur darüber zu berichten, sonder auch fundierte Lösungsansätze zu geben. Sie will die Schönheit im Stadtbild fördern und bietet dazu Grundlagen von Experten, Hilfestellungen für Stadtentwickler und auch eine eigene Akademie an. Wenn sich in der Stadt Freilassing endlich einmal jemand dafür einsetzen will – ich würde den Grundkurs dafür bezahlen, weil unsere Stadt ja schon Blumentröge als Sitzbänke umbauen muss. Wir dürfen die Verunstaltung der Stadt unter dem Siegel des Fortschritts und der Rendite nicht als gottgegeben hinnehmen und wir müssen sagen, wenn etwas hässlich ist – Investoren kann man mit so etwas ohnehin nicht beleidigen und schlechte Architekten wissen ohnehin alles besser.

Neubaugebiet in England
Auch so kann der Neubau eine Mehrfamilienhauses aussehen

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