Matulusgarten

Baukultur in Freilassing

Der Baum kommt weg, Herr Müller-Lüdenscheidt

Die Zukunft ist ein delikates Ding, weil sie nicht besser oder schlechter ist als das, was wir uns in der Gegenwart erlauben. Und so drängt in den Pressemeldungen die Stadt Freilassing auf die Errichtung des Gewerbegebietes Eham I. Wir lernen, dass es alternativlos ist, dass davon die Zukunft der Stadt abhängig ist.

Es ist eines der vielen Projekte, die Herr Hiebl und der Stadtrat von der Vergangenheit geerbt hat. Aufarbeitung oder Vergangenheitsbewältigung nennt sich das wohl. Deshalb wurden schon im Frühjahr mögliche störende Pflanzen entfernt. Effektiv und ohne Augenmaß. Die Ulme hätte ja auch schon fallen sollen. Doch hat man damals rechtzeitig festgestellt, dass man das gar nicht darf. Jetzt steht die letzte seiner Art vor Ort und damit im Weg für eine bessere Zukunft der Stadt Freilassing. Eine Nebensächlichkeit für den Bürgermeister, denn das wichtigste Thema ist Bauen und Wachsen (ohne Bäume halt bitte). Der Baum kommt weg!

Die Stadt soll ja ein Erfolgsmodell sein. Und dabei steht man auch unter dem Druck der Nachbargemeinden. Nicht nur Saaldorf/Surheim sondern vor allem auch in Ainring expandiert die Wirtschaft. Vor allem letztere haben bessere Einnahmen pro Kopf als das Wirtschaftsmekka Freilassing und sie bauen weiter aus. Schliesslich haben sie ja die Fläche.

Im Freilassinger Norden hat man das ebenso. Auch wenn 90% der Freilassinger die Gegend gar nicht kennen. Weil dort ja auch kein Supermarkt ist.

Die Öffentlichkeit wird damit nicht belästigt. Es gibt keine Angaben der Interessenten. Man sagt nicht, was denn dann Eham II wäre – der Eichetwald ist ohnehin viel zu groß für ein wachsendes Freilassing. Man sagt nicht, wieviel Geld denn die Stadt durch den Aufkauf von Aicher gebunden hat, wie denn die Anbindung durch die Vinzenziusstraße aussehen soll – die ja früher noch ganz anders geplant war. Geht uns nichts an.

Man hört, es werde eruiert ob man die alte Ulme versetzen kann. So etwas kostet auch 5-50.000. Ein Bruchteil dessen, was man hier zu investieren gedenkt. Aber auf jeden Fall wird es Ersatzpflanzungen geben. Damit hat Freilassing ja unrühmliche Erfahrungen vorzuweisen.

Beispielhafte Ersatzpflanzung an der Reichenhaller Straße

Ein normaler Mensch hätte das thematisiert, hätte sogar noch gesagt, wie leid es ihm tut, dass der Baum weichen muss, wäre auf die bohrenden Fragen eingegangen und hätte sich menschlich und verständnisvoll gezeigt – wenn auch nur in einer Pressemeldung. Das wäre eine gute Gelegenheit gewesen. Ein Politiker aber beschwört eine bessere Zukunft und alternativloses Vorgehen, wissend, daß unsere Gegenwart die Qualität der Zukunft bestimmt. Hier geht es um Politik und nicht um Menschen. Denn wir Menschen können ja gar nicht verstehen, wie schwierig das ist. Wir, in Freilassing, dem Enkeltauglichen Wirtschaftsstandort.

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